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Volksbühnen-Preis

Der neue Volksbühnenpreis für Theaterliteratur

Ausschreibung zum Download

Der Volksbühnenpreis 2025

PRESSEMITTEILUNG

 

Preisverleihung am 29. Mai 2025 bei Ruhrfestspielen Recklinghausen
Neuer Volksbühnenpreis für Theaterliteratur an Berlinerin Sunan Gu

Köln, 10. Februar 2025. Der erste „Volksbühnenpreis für Theaterliteratur“ des Bund Deutscher Volksbühnen (BDV) für Nachwuchsautor:innen im deutschsprachigen Raum geht an die in Berlin lebende Sunan Gu für ihr Stück „Maus, Geld, Gespenst“. Aus den insgesamt 92 Einreichungen stellte die unabhängige Jury eine Shortlist mit 12 Stücken zusammen, aus der sie die Gewinnerin auswählte. Die Auszeichnung umfasst ein Preisgeld von 5.000 Euro, einen dotierten Werkvertrag zur Umsetzung des Stücks sowie die Uraufführung bei den Ruhrfestspielen 2026 als Koproduktion mit dem Schauspiel Essen. Die Preisverleihung findet bereits in diesem Jahr am 29. Mai im Kleinen Haus der Ruhrfestspiele statt.

„Maus, Geld, Gespenst“ ist ein kraftvoller, verstörender und berührender Text, der die großen Themen Globalisierung und Privilegien, soziale Ungleichheit, Sinnsuche und die Herstellung von Identität auslotet. In dem Stück treffen zwischen Berlin und Peking aufeinander: Die Sexarbeiterin Lin, der bisher niemand viel zugetraut hat, ihr Kunde Herr Maus, der seinen Sohn verloren hat, Lins Bruder Ming, ein arbeitsloser Akademiker, dessen Frau Lina erst vor Kurzem an Krebs gestorben ist, sowie Linas Schwester Sarah, die der traditionellen chinesischen Medizin die Schuld an Linas Tod gibt. Sie seziert als Laborangestellte Mäuse und beginnt eine Beziehung mit dem YouTuber Feng, der vor laufender Kamera sehr spezielles Essen verschlingt.

Aus dem Urteil der Jury: „In Beziehungskonstellationen zwischen zwei Kontinenten zeichnet Sunan Gu sprachlich sehr poetisch und mit hohem Tempo ein großes, reiches Tableau an Stimmen, die erst lose nebeneinander stehen und dann immer enger miteinander verwoben werden. In schnellen Wechseln zwischen verschiedensten Orten und dem Aufeinandertreffen der Figuren greifen harte Realität und surrealistische (Alb)traumbilder ineinander. Mäuse, Menschen, Götter und Geister interagieren selbstverständlich miteinander. Dabei werden chinesische Kultur und Traditionen auf verschiedenen Ebenen des Textes thematisiert, genauso wie die Projektionen aus einer mitteleuropäischen, weißen Perspektive auf diese bis hin zu anti-asiatischem Rassismus. Im Zentrum des Stückes stehen dabei die schillernden, widerständigen und gleichzeitig schmerzhaft „verloren“ wirkenden Figuren – ihre Sehnsüchte, Kämpfe, Suche nach Liebe und Zugehörigkeit, einem Ort für ihre Zukunft; alle verbunden durch familiäre und gesellschaftliche Erwartungen, Ausgrenzungen und die wiederkehrenden Geister der Vergangenheit.“

Sunan Gu wurde 1995 in Peking geboren und wuchs in Sydney, London und Berlin auf. Nach Stationen als Regiehospitantin an der Volksbühne Berlin und als Regieassistentin am Schlachthaus Theater Bern sowie am Berliner Ringtheater machte sie den Bachelor in Theaterwissenschaft am Goldsmiths College, University of London. Seit 2022 studiert sie bei Prof. John von Düffel Szenisches Schreiben an der Universität der Künste in Berlin. Zu ihren bevorzugten Themen zählen Identität, Moral und die Erfahrungen asiatischer Einwanderinnen.

Prof. Hans-Georg Bögner, Vorsitzender des BDV: „Das Ergebnis der Ausschreibung zu unserem neuen Theaterliteraturpreis hat die Erwartungen übertroffen. Die Vielfalt und Qualität der eingereichten Stücke zeigen, wie engagiert sich junge Autor:innen sozialkritisch mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzen. Das ist beste Theaterliteratur in der Tradition der Volksbühnen.“

Für die Shortlist zum ersten „Volksbühnenpreis für Theaterliteratur“ wurden ausgewählt: Fabienne Dür mit „Sonne Satt“, Jchj V. Dussel mit „DREI FRAUEN IM MEERESSPIEGEL DER POSTAPOKALYPSE“, Fayer Koch mit „Globale Erschöpfung“, Miriam Lesch mit „Der letzte Bissen“, Deborah von Wartburg mit „DIE BIBER“, Christoph Hüllstrung & Jan Stechpalm mit „Die grauen Busse“, Rinus Silzle mit „Fliehende Länder“, Sunan Gu mit „Maus, Geld, Gespenst“, Alexander Stutz mit „ÍS, FLAMMEN OF A KONTINENT (AT)“, Sarah Amanda Dulgeris mit „beretta kaliber 22“, Elisabeth Pape mit „MONEY POWER GLORY (AT)“ sowie Anaïs Clerc mit „faulender mond“.

Zur Jury des „Volksbühnenpreises für Theaterliteratur“ gehören die Ko-Intendantin des Schauspiels Essen Christina Zintl, Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Suhrkamp Theater Verlags, der Chefdramaturg der Ruhrfestspiele Recklinghausen Jan Hein, die Regisseurin Jorinde Dröse sowie Johanna Sandberg vom Vorstand des BDV.

Mit dem „Volksbühnenpreis für Theaterliteratur“ möchte der BDV als bundesweiter Zusammenschluss von 54 Volksbühnenvereinen zusammen mit den Partner:innen Deutscher Gewerkschaftsbund, Ruhrfestspiele Recklinghausen, Grillo-Theater Essen und Suhrkamp Theater Verlag den literarischen Nachwuchs fördern und einen starken Impuls für die Zukunft des Theaters geben. Der Preis soll alle drei Jahre ausgeschrieben werden. Neben den ideellen und finanziellen Beiträgen der Partner:innen wird der Preis von der Sparkasse Essen aus der Lotterie „PS-Sparen und Gewinnen“ und der Kulturstiftung des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands unterstützt.

Über den Bund deutscher Volksbühnen e.V.
Der BDV ist ein föderativer Zusammenschluss von Kulturgemeinschaften und Besucherorganisationen (Volksbühnen) im gesamten Bundesgebiet. 1890 in Berlin als Theaterbesucherorganisation Volksbühne gegründet, firmiert der Verein seit 1980 unter dem aktuellen Namen. Seinen Sitz hat er seit 2017 in Köln. Zu den Zielen zählen unter anderem die Verbreitung und Vertiefung der Volksbühnenidee in der Öffentlichkeit, die Zugänglichkeit von Kultur, Bildung und Kunst für jedermann, die kulturelle Vielfalt und Freiheit der Kunst mit allen Ausdrucksmöglichkeiten sowie der kulturelle Informations- und Erfahrungsaustausch.

 

„Volksbühnenpreis für Theaterliteratur“
Bund Deutscher Volksbühnen e.V.
c/o Verein Freie Volksbühne Köln
Colonia-Haus
Aachener Straße 5
50674 Köln
vorstand@bund-deutscher-volksbuehnen.de

 

Pressekontakt:

Heino Schütten

Die Ausschreibung (Einsendeschluss 31.10.2024)

Der Preis soll Nachwuchstalente dramatischer Literatur fördern und richtet sich vor allem an Studierende der Literaturinstitute, Schreibstudiengänge und Fördereinrichtungen für Dramatikerinnen und Dramatiker im deutschsprachigen Raum sowie an Bewerber:innen am Anfang ihrer Autorenlaufbahn.

Die Preisvergabe soll in einem 3 Jahre-Rhythmus stattfinden. Im ersten Jahr, Spätsommer 2024, erfolgt die Ausschreibung, im zweiten Jahr, Frühjahr 2025, die Preisverleihung im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen und am Ende der Spielzeit 2025/26 realisiert die Partnerbühne, das Grillo-Theater in Essen die Aufführung. Die Inszenierung wird im Sommer 2026 ins Programm der Ruhrfestspiele eingeladen. Der Preis wird für den gesamten deutschsprachigen Raum, also auch in Österreich und der Schweiz, ausgeschrieben. Der Preis beinhaltet ein Preisgeld von 5.000,- €. die Preisverleihung im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen sowie die Uraufführung des ausgewählten Stücks am Grillo-Theater Essen. Zur Betreuung der Umsetzung des Siegertextes und der Weiterarbeit an einer Endfassung im Rahmen der Inszenierung in Essen wird ein dotierter Werkauftrag erteilt.

Gesucht wird ein Bühnentext, der aktuelle Themen aufgreifend sich sozialkritisch mit gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzt und dergestalt an die Geschichte der Volksbühnenbewegung anknüpft. Mögliche Stichworte sind Partizipation/Teilhabe, Zensur/Meinungs- oder Pressefreiheit, Individuum/Masse, Umweltschutz/Wohlstand, soziale Ungleichheit u.v.m.

Die einzureichenden Texte sollen in digitaler Form vorliegen und mit einer Kurzbiographie der Autorin oder des Autors ergänzt werden. Die Bewerber:innen sollten noch am Anfang ihrer Autorenlaufbahn stehen.

Als Partner haben sich bisher, neben dem Bund Deutscher Volksbühnen, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Ruhrfestspiele Recklinghausen, das Grillo-Theater in Essen und der Suhrkamp Theater Verlag zusammengefunden.

Die Jury besteht aus fünf Personen:

  1. Regisseur/Regisseurin

  2. Dramaturgin/Dramaturg der Ruhrfestspiele Recklinghausen

  3. Dramaturgin/Dramaturg des Grillo-Theaters Essen

  4. Mitglied des Vorstands des Bund Deutscher Volksbühnen

  5. Vertreterin/Vertreter des Suhrkamp Theater Verlages

Termine:

Ausschreibung: Ab Frühjahr 2024 (läuft)

Einsendefrist: 31.10.2024

Bekanntgabe der Entscheidung der Jury: Anfang 2025

Preisverleihung im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen: Sommer 2025

 

Einsendungen an:


Bund Deutscher Volksbühnen
c/o Verein Freie Volksbühne Köln
Colonia-Haus
Aachenerstrasse 5
50674 Köln

Mailadresse: vorstand@bund-deutscher-volksbuehnen.de

 

Wer wir sind – Die Geschichte der Volksbühnen

Es begann mit der Gründung einer Theaterbesucherorganisation aus einem Kreis von Regisseuren und Literaten 1890 in Berlin, die als eingetragener Verein die Möglichkeit hatte, die herrschenden Zensurgesetze mit selbst in Auftrag gegebenen Inszenierungen in geschlossenen Aufführungen zu umgehen. Zu bezahlbaren Eintrittspreisen sollten einer breiten Publikumsschicht insbesondere aus der Arbeiterschaft aktuelle Themenstellungen, klassische Bildung und gehobene Unterhaltung nahegebracht werden. Während im europäischen Ausland in Paris („Theatre Libre“) oder London („Independent Theatre“) bereits sozialkritische Stücke, zum Beispiel von Henrik Ibsen, aufgeführt wurden, konnten in Deutschland die Stücke der neuen literarischen Bewegung des Naturalismus nicht auf die Bühne gebracht werden. Mit den vereinseigenen Vorführungen konnte die Volksbühne zeitgenössische Autoren unterstützen und so zum Förderer der neuen Dramatik werden. Das Schaffen des jungen Schriftstellers und Dramatikers Gerhart Hauptmann ist untrennbar mit der Volksbühnenbewegung verbunden; sein Werk „Vor Sonnenaufgang“ wurde am 9. November 1889 uraufgeführt. Darüber hinaus wurden u.a. Werke von Henrik Ibsen, Lew Tolstoi, Nikolai Gogol, Ludwig Anzengruber, Arno Holz und Johannes Schlaf gezeigt.

Nach dem 1. Weltkrieg dehnte sich die Volksbühnenbewegung auf ganz Deutschland aus. In den 1920er Jahren gehörte ein Netz von rund 300 Vereinen dazu. Nun arbeiteten die Vereine auch mit öffentlichen Theatern zusammen. Aktuelle Theaterliteratur zu fördern, blieb immer ein Anliegen der Volksbühnen. Seit 1920 erschienen die „Dramaturgischen Blätter“, 1924 wurde sogar ein Volksbühnenverlag gegründet, der Klassiker-Ausgaben und Stücke junger Autorinnen und Autoren publizierte. Dass sich das deutsche Theaterwesen in den 1920er Jahren neu orientierte, ermöglichten und begleiteten die Volksbühnen maßgeblich. 1933 erzwangen die Nationalsozialisten die Auflösung der Volksbühnenvereine und vereinnahmten sie in ihrem Reichsbund „Deutsche Bühne“. Nach dem 2. Weltkrieg gründeten sich zahlreiche Volksbühnen neu und bemühten sich erneut um zeitgenössische Theaterliteratur.

Der alte Preis

Anlässlich des 90. Geburtstags von Gerhart Hauptmann am 15. November 1952 initiierte die Berliner Volksbühne einen Literaturpreis. Die Namensgebung „Gerhart-Hauptmann-Preis“ war eine Referenz an den Autor und Nobelpreisträger des Jahres 1912. Die Namen der Preisträgerinnen und Preisträger sind beachtlich: Martin Walser, Tankred Dorst, Peter Handke, Rainer Werner Fassbinder, Siegfried Lenz, Friedericke Roth, Peter Turrini, um nur einige zu nennen. Ab 1975 wurde der Preis nur alle zwei Jahre verliehen. 1996 wurde die viel beachtete Auszeichnung vorläufig zum letzten Mal vergeben. Der „Bund Deutscher Volksbühnen“ möchte an die Tradition dieses Preises anknüpfen und eine Auszeichnung für „Szenisches Schreiben“ ausloben, die nicht von einer einzelnen Volksbühne vergeben wird, sondern vom bundesweiten Zusammenschluss.